Landtagswahlen in Baden-Württemberg:
Bereits in meiner Einschätzung zum Wahlausgang im Artikel
erwartete ich eine solche Wende, wenn auch nicht so extrem.
Vergleicht man die Zahlen mit 2006, so zeichnen sich die Grünen als klare Gewinner ab, da sie ihr Ergebnis mehr als verdoppelt haben:
Den Einfluss von Stuttgart 21 erkennt man sehr gut, wenn man sich die gewonnenen Direktmandate der Grünen anschaut: In 3 von 4 Stuttgarter Wahlkreisen holten sich die Grünen das Direktmandat, d.h. sie bekamen in ihren Wahlkreisen die meisten Stimmen! Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg 70 Wahlkreise. In 60 Wahlkreisen holte die CDU das Direktmandat, die Grünen in 9 Wahlkreisen und die SPD nur in einem einzigen.
CDU, SPD und FDP fahren deutliche Verluste ein und die FDP kann froh sei, die 5 % Hürde gerade noch so geschafft zu haben. So werden die Grünen zur zweistärksten Kraft und stellen somit auch den Ministerpräsidenten der neuen rot-grünen Koalition. Als Kandidat wurde Winfried Kretschmann aufgestellt. Der 62 Jährige Mitbegründer der Grünen in Baden-Württemberg hat einen geradlinigen Lebenslauf, frei von privaten oder politischen Skandalen. Damit wäre die Landesregierung in Baden-Württemberg die erste rot-grüne Regierung mit einem grünen Ministerpräsidenten. Nun liegt es an ihm und seiner Regierung, wie die grüne Welle weiter rollen wird. Gerade im Hinblick auf Stuttgart 21 auf lokaler Ebene und der Atomdebatte auf Bundesebene wird sich zeigen, ob die Grünen auch in der Lage sind, ein Bundesland zu regieren. Das sollte man vor lauter Euphorie nach diesem Erdrutsch-Sieg nicht vergessen. Auf oppositioneller Ebene zu Meckern ist etwas anderes, als selber Entscheidungen zu treffen und dafür Verantwortung zu übernehmen.
Landtagswahlen in Rheinland Pfalz:
Hier musste die SPD deutlich Federn lassen und verliert fast 10%. Vermutlich haben die SPD-Wähler das Lager gewechselt und sich für die Grünen entschieden. Eigentlich etwas verwunderlich, da Kurt Beck in Summe ein beliebter Politiker ist, der wohl schon jedem Pfälzer die Hand geschüttelt hat. Die Gewinne der CDU lassen sich auf die Verluste bei der FDP zurückführen, die nun die 5 % Hürde nicht mehr schafft.
Kurt Beck muss nun die Grünen mit ins Boot holen, wenn er nach 16 Jahren Alleinherrschaft weiter regieren will. So bleibt in Rheinland-Pfalz ein Machtwechsel aus, die Grünen gewinnen aber deutlich an Einfluss.
Kummunahlwahlen in Hessen:
Auch hier haben die Grünen überwiegend zugelegt. Bei den Kommunalwahlen in Darmstadt holen die Grünen mehr als 20 % auf und fahren nach Auszählung von ca. 3/4 der Wahlkreise mehr als 36 % ein. Bis zu einem tragfähigen Endergebnis wird es aber noch einige Tage dauern.
In Frankfurt wird es bei der schwarz-grünen Koalition unter Petra Roth bleiben. Sie konnte schon immer gut mit den Grünen, selbst wenn sie in den eigenen Reihen schwer damit zu kämpfen hat.
Fazit:
So schlimm die Katastrophe in Japan auch sein mag, so sehr haben die Grünen doch davon profitiert. Die Atomkraft und deren Scheitern ist sozusagen der Auslöser für die grüne Welle. In dem Fall müsste es für die Grünen statt „Atomkraft – Nein Danke“ nun eher „Atomkraft – Sei Dank“ heißen.
Nachdem schon durch die Niederlage der CDU und FDP vom Mai 2010 in Nordrhein-Westfalen eine Verschiebung der Machtverhältnisse im Bundesrat die Folge war, wird es für Angela Merkel nun noch schwieriger, kritische Gesetzesvorhaben umzusetzen. Der Vermittlungsausschuss wird wohl in Zukunft noch deutlich öfter bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigung herbeiführen müssen.
Das schlechte Abschneiden der FDP liegt m.E. gleich an mehreren Punkten:
- Die jüngsten Äußerungen von Rainer Brüderle beim BDI bezüglich des Moratoriums lassen trotz schneller Dementi des BDI Zweifel aufkommen.
- Die besondere Nähe zu den Besserverdienenden, wie zahlreiche Beispiele belegen. Gleich nach der Koalition auf Bundesebene führte die FDP federführend Steuererleichterungen für reiche Hoteliers ein. Später stellte sich dann sogar heraus, dass die FDP von einem „Mövenpick“-Miteigentümer großzügige Parteispenden erhielt. Dies brachte der FDP den Spitznamen „Mövenpick-Partei“ ein.
Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass die Landtagswahlen die Bundespolitik deutlich stärker beeinflussen, als es noch vor Jahren der Fall war. Da in jedem Jahr mindestens eine Landtagswahl stattfindet, sind die Politiker auf Bundesebene mehr oder weniger permanent im Wahlkampfstress. Von daher wäre es eine Überlegung wert, wenn sich alle Länder mal an einen Tisch setzen und die Termine für die Landtagswahlen in einem einheitlichen Zeitfenster von einigen Wochen alle 5 Jahre durchführen. So könnten sich die Politiker wieder auf das Wesentliche konzentrieren: Das Land im Sinne seiner Bürger zu regieren.
Die Wahlbeteiligung von teilweise unter 40 % hätte ich so nicht erwartet. Politikverdrossenheit hin oder hier, in anderen Ländern lassen die Menschen ihr Leben für die Demokratie. Vielleicht liegt es daran, dass es den Menschen in diesen Ländern wesentlich schlechter geht als in unserem Land und sie noch eine Hoffnung auf Veränderung haben, weil es nicht mehr schlimmer werden kann? Geht es uns demnach so gut, dass wir es nicht mehr für nötig halten, zur Wahl zu gehen?
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